PAN XXX ttt: Joseph Beuys als Denker
Sozialphilosophie – Erkenntnistheorie – Anthropologie
Beuys‘ wohl berühmtester Satz: Jeder Mensch ist ein Künstler, war niemals nur als Provokation oder als Sprengsatz gegen den »Materialismus«, gegen den er zeitlebens kämpfte, gedacht. Er ist die Essenz einer im Grunde lebenslangen Wesensbetrachtung: einer, faßt man diesen Begriff nicht zu eng, durchaus philosophisch zu bezeichnenden Wesensbetrachtung des Menschen und der Welt.
Die hier vorliegende Schrift ist der Versuch einer Rekonstruktion. Sie geht zurück auf drei Vorträge, die der Verfasser in den letzten Jahren zu diesem Thema hielt. Er verfolgte mit ihnen niemals nur eine rein dokumentarische Absicht.
Die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen im Bereich der sogenannten »Gentherapie« und der Embryonenforscbung zeigen erschreckend deutlich, daß das zeitgenössische Denken trotz seiner scheinbaren Dynamik auch weiterhin mechanistisch verharrt. Beuys war der Meinung, daß der Rubikon in dieser Hinsicht schon überschritten sei. Daß wir uns ihm wohl gerade nähern, zeigt die noch nachklingende philosophische Debatte um Peter Sloterdijk, der ja keineswegs in dem Rufe steht, ein »positivistischer« Denker zu sein. Die Therapie durch ein anderes, dem Menschen trotz all seiner Mängel zugewandten, Denkens ist aktueller als jemals zuvor.
Es war auf den Kriegsschauplätzen der Krim, wo Beuys als Bordfunker eines Sturzkampfflugzeuges den Notruf-Code PAN XXX ttt immer wieder senden musste.
Zwanzig Jahre später, er ist inzwischen Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, taucht das Kürzel in einer seiner spektakulären Kunstaktionen wieder auf. Etwa zeitgleich mit dem Bau der Berliner Mauer prägt Beuys ein Zeichen, das zum Symbol einer ganzen Generation hätte werden können.
Beuys‘ künstlerische Morsezeichen entstanden vor einer Szenerie des Untergangs. Er sandte sie gleichsam aus dem Cockpit einer in den Tod stürzenden Moderne hinaus. Und als solche wurden sie von den Zeitgenossen verstanden. Kaum anders wäre es zu erklären, daß Beuys inzwischen unbestritten als einer der einflußreichsten und bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts gilt.
Das Buch zieht die Gedankenkreise noch einmal nach, in denen Beuys seine Kunst entfaltet.
Er selbst hat sein Denken weder ausgearbeitet noch als geschlossenes System überliefert, denn das hätte seiner Forderung nach Offenheit widersprochen, hätte vermutlich sogar seinen künstlerischen Ansatz konterkariert. Aber die Fragmente lassen sich zu einem Bild zusammensetzen, und dieses lautet: PAN XXX ttt.